Persophilie neu betrachtet im globalen Kontext Ein Gegenentwurf zu Edward Saids Orientalismus-Kritik(مقاله علمی وزارت علوم)
منبع:
Spektrum Iran , ۳۶. Jahrgang Nr ۱, ۲۰۲۳
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Hamid Dabashis Studie Persophilia: Persian Culture on the Global Scene (2015) stellt einen Gegenentwurf des iranisch-amerikanischen Historikers Hamid Dabashi zu Edward Saids wegweisendem Werk Orientalism (erstmals 1978 veröffentlicht) dar. Während Said sich ausschließlich auf den repressiven Einfluss der Kolonialmächte auf den Orient konzentrierte, erweitert Dabashi die Analyse auf zirkuläre Prozesse der Wissensproduktion im globalen Austausch.
Anhand zahlreicher Beispiele zeigt Dabashi, wie unabsichtlich und unwissentlich durch die Kolonialmächte – und oft sogar entgegen deren Interessen – durch solche Austauschprozesse in den Kolonien, analog zur europäischen Zivilgesellschaft, wie sie Habermas in seinem bekannten Werk Strukturwandel der Öffentlichkeit (1990) beschrieben hat, öffentliche Sphären entstanden. In diesen entwickelten sich soziale Kritik, nationale Identitäten und Widerstand gegen die Kolonialmächte.
Rückblickend trug die europäische Persophilie, als eine Variante des Orientalismus mit positiven Konnotationen, wesentlich zur Entstehung einer literarischen und später politischen Öffentlichkeit in Persien (einem bevorzugten Thema Dabashis) bei. Zentral in seinen zahlreichen Beispielen aus Linguistik, Kunst und Philosophie betont er den Einfluss der mystischen persischen Poesie auf die deutsche Romantik, illustriert durch Hafez’ Anziehungskraft auf Goethe und andere Dichter.
Schließlich betrachtet Dabashi parallele politische und wirtschaftliche Entwicklungen in Deutschland und dem persischen Kulturraum im 20. Jahrhundert, die eine Verschmelzung von poetisch-mystischen und faschistischen/nationalsozialistischen Ideen begünstigten und so die ideologischen Voraussetzungen für den Pan-Islamismus und den politischen Islam im Iran schufen.